Teil 1: "1-2-3-4 oder einfach Black-und-Decker"
[18.09.2000 • Text, Fotos: H. Frie]

Los geht's mit der Theorie, die aber keinesfalls zu grau werden, sondern vielmehr das nötige Hintergrundwissen liefern soll, um zu verstehen, was hinter dem scheinbar mühelosen Tölt steckt. Wir schauen, wie der Isi seine Beine im Tölt sortiert, welche Tempi es beim Töltreiten gibt und, was für unerwünschte Varianten der Göttergabe auftreten können.

• Voll normal - Tölt als natürliche Gangart
  Vorab ist es wichtig zu wissen, dass wir unserem Isländer keinesfalls akrobatische Verrenkungen abfordern, wenn er den Tölt-Gang einlegen soll. Tölt ist eine natürliche Gangart wie Schritt oder Trab, was uns Islandfohlen bereits nach der Geburt auf der Weide im Freilauf zeigen. Trotzdem ist die Fähigkeit zu tölten bei Islandpferden recht unterschiedlich ausgeprägt und hängt vorwiegend vom Talent und Gebäude des Tieres aber auch von seinem Gehwillen, dem Temperament und einer fachkundigen Ausbildung ab. Die Palette reicht vom lockeren Naturtölter als Traum jeden Reiters, der Tölt in fast jeder Lebenslage läuft über den zum Trab oder Paß tendieren Tölter bis hin zum so genannten Traber, welcher den vierten Gang regelrecht erlernen muss oder sogar nie erlernen wird.
 
Unterschiede werden zudem in der Reinheit des Taktes, den gezeigten Tempi, der Höhe und Weite der Bewegungen und im Ausdruck deutlich und sind wichtige Kriterien bei der Bewertung der "Göttergabe" auf Turnieren.

• Immer schön im Takt - Fußfolge und Phasen

Hinter dem Begriff "Fußfolge" verbirgt sich die Reihenfolge, in der die Hufe des Vierbeiners auffußen. Im Tölt sieht das dann so aus: hinten links, vorne links, hinten rechts, vorne rechts. Genau die gleiche Fußfolge finden wir im Schritt vor; im Unterschied dazu ist der Tölt aber keine schreitende, sondern eine gelaufene Gangart. Anders als im Trab, Galopp oder Rennpaß findet man weiterhin keine Sprungphase, so dass immer eines der Beine am Boden bleibt und der Tölt damit zur "schüttelfreien" und so bequemen Gangart wird.

Folglich ist der Tölt ein Viertakt, dessen Schrittfolge akustisch als gleichmäßiges 1-2-3-4 oder regelmäßig gesprochenes "Black-und-Decker" erklingen sollte.

Tipp: Taktklarer Tölt ist leichter zu hören, als zu sehen. Achten Sie auf ein gleichmäßiges "Black-und-Decker" - dem lautmalerischen Wort für den vierten Gang.

Die "Phasenfolge" beschreibt dann, wie viele und welche Beine des Isis jeweils auf dem Boden sind. Hieraus ergibt sich, dass innerhalb von acht Phasen in diesem Viertakt immer so genannte "Einbein-Stützen" (ein Huf bleibt am Boden und trägt die gesamte Last) von "Zweibein-Stützen" gefolgt werden, die abwechselnd lateral oder diagonal sind. "Lateral" meint das kamelartige gleichseitige- und zeitige Auffußen beider Beine einer Körperseite des Pferdes im Wechsel mit der anderen. Unter "diagonal" versteht man das gleichzeitige Auffußen des Hinterbeines der einen und des Vorderbeines der anderen Seite, also zweier sich diagonal gegenüberliegender Beine.

In der Praxis könnte das so aussehen: Einbein-Stütze hinten links, laterale Zweibeinstütze links, Einbeinstütze vorne links, diagonale Zweibeinstütze vorne links und hinten rechts, Einbeinstütze hinten rechts, laterale Zweibeinstütze rechts, Einbeinstütze vorne rechts, diagonale Zweibeinstütze vorne rechts und hinten links - und danach geht's wieder von vorne los. Rechts läuft es genau umgekehrt; also Einbeinstütze hinten rechts, laterale Zweibeinstütze rechts usw.

Vergleicht man nochmals den Schritt mit dem Tölt, so erkennt der aufmerksame Beobachter, dass der Schritt oftmals die gleichen Phasen und ebenfalls laterale und diagonale Zweibein-Stützen aufweist. Beim Schritt finden wir jedoch anstelle der Einbein-Stützen des Tölts Dreibein-Stützen, die den Unterschied ausmachen. Reiten wir immer flotter im taktklaren Schritt, wird auf diese Weise aus drei stützenden Pferdebeinen schließlich nur noch eines, was sich mit Zweibein-Stützen abwechselt: der Isi töltet.

Die Länge der Einbein-Stützen richtet sich nach dem Tempo, in dem das Pferd marschiert: Sind sie im langsamen Tempo sehr kurz, so werden sie in schnellerem, taktklaren Tölt immer länger, wobei die Zweibein-Stützen folglich zugleich kürzer werden.


• Von gemächlich bis rasant - Tempi im Tölt

Gebräuchliche und in den verschiedenen Tötprüfungen auf Turnieren verlangte Tempi-Bezeichnungen sind:

Der Arbeitstölt/Arbeitstempo Tölt

ist dadurch gekennzeichnet, dass das Pferd:

- für 200 Meter etwa eine Minute benötigt
- ohne Probleme eine Volte geritten werden kann

Es stellt das Basis-Tempo dar, auf dem die weitere Ausbildung des Isländers im vierten Gang aufbaut.

Der Mitteltölt/Mitteltempo Tölt

Bei zunehmender Geschwindigkeit vergrößert sich die Länge der Schritte des Vierbeiners.

Renntölt/Starkes Tempo Tölt

Der Tölter erreicht seine Höchstgeschwindigkeit, wobei er mit seinen Beinen weitausgreifen und immer taktklar bleiben soll.

In diesem Tempo lässt man die Isis möglichst nur über kurze Strecken gehen, da es die Pferde sehr anstrengt und zudem die Verletzungsgefahr wie Ballentritte groß ist. Zum Schutz tragen viele Pferde daher Glocken oder Ballenschoner an den Hufen.

Rennpaß, Tölt oder was?

Kommt ein Isi so richtig auf Touren, lässt sich manchmal kaum mehr feststellen, ob er schon Rennpaß oder noch im taktklaren Tölt ist.

Tatsächlich haben beide Gangarten Einbein-Stützen und laterale Zweibeinstützen. An der Stelle aber, wo das Pferd im Rennpaß eine Sprungphase ausführt, hat es im Tölt die diagonale Zweibein-Stütze.

Am Übergang vom Vorderbein der einen zum Hinterbein der anderen Seite kann man den Gang erkennen: Wechselt der Isi mit einer diagonalen Zweibein-Stütze, so befindet es sich im Tölt, fußt das Vorderbein jedoch schon ab, bevor das Hinterbein den Boden berühren kann, entseht eine Sprungphase und unser Pferd geht Rennpaß.

Im Zweifelsfall gilt hier wieder: Hören ist leichter als sehen!


• Rollen, Passen, Tribulieren - Ungeliebte Varianten und Fehler

Leider mogeln sich im eigentlich flüssig-taktklaren Tölt immer mal wieder kleine Störungen rein, von den manch ein Isi-Reiter ein Lied singen kann.

Dazu gehören der Paß- und der Trabtölt, bei denen zwar die Fußfolge des Tölts erhalten bleibt, sich aber die Abstände des Auffußens der jeweiligen Pferdebeine verändern. Kommt es zu einer Verschiebung zum Galopp, so spricht man von einer "Rolle". Als weiterer unliebsamer Töltfehler kennen Gangpferdereiter das so genannte "Wechseln" oder "Tribulieren", wobei dass Pferd scheinbar seine Beine in die Luft wirft und danach neu sortiert.

Variante: Der Trabtölt

Statt eines klaren Viertaktes zeigt sich eine Taktverschiebung zum Trab hin. Die Hufe fußen nicht mehr in gleichen Abständen auf und wir hören: 1-23-4 usw.

Während die Einbein-Stützen und die lateralen Zweibeinstützen kürzer werden, verlängern sich die diagonalen Zweibein-Stützen.

Variante: Der Paßtölt

Beim Paßtölt fängt für den Reiter ein unbequemes Schaukeln an - Was macht das Pferd dabei eigentlich mit seinen Beinen?

Bei dieser Variante sind die Einbein-Stützen und die diagonalen Zweibein-Stützen kürzer als im taktklaren Tölt, wohingegen die lateralen Zweibein-Stützen länger ausfallen.

Der Paßtölt hört sich in etwa wie folgt an: 12-34 usw.

Störung: Rolle

Verschiebt sich der taktklare Tölt in Richtung Galopp, so bekommt der Vierbeiner eine so genannte Galopprolle.

Wie beim Rechts- und Linksgalopp, gibt es hier ebenfalls eine Rolle nach rechts oder nach links.

Galoppiert das Pferd beispielsweise auf der rechten Hand, fußt zuerst das linke Hinterbein, dann die Diagonale hinten rechts und vorne links und schließlich die weitausgreifende rechte Vorhand. Bei Rollen nach rechts finden wir eine ganz ähnliche Abfolge: Linke Hinterhand, danach in kurzem zeitlichen Abstand diagonales Pferdebeinpaar vorne links und hinten rechts, Pause und nun die rechte Vorhand. Links läuft es wieder umgekehrt ab.

Fast nahtlos kann der Isi durch die Rolle vom Viertakt des Tölts in den Galopp überwechseln.

Störung: Wechseln /Tribulieren

Wenn sich ein Vierbeiner beim Tölten immer stärker in Richtung in Richtung Paß verschiebt, ganz aus dem Takt gerät und seinem Reiter das Gefühl vermittelt, einen Moment lang die Beine in die Luft zu werfen, um sie neu zu sortieren und daraufhin weiterzulaufen, spricht man vom Wechseln oder Tribulieren.

Es handelt sich hierbei um eine Verspannung, bei der die Hinterhand des töltenden Pferdes immer später aufsetzt. Erst läuft es Paßtölt, nun einige Schritte Paß und dann setzt das Vorderbein immer deutlicher vor dem Hinterbein auf. Letztlich müsste das jeweilige Hinterbein an die Stelle treten, an der eigentlich die Vorhand steht. Da das Tier sich nicht auf die Hufe trampeln will, lässt es die Hinterhand so lange in der Luft bis das jeweilige Vorderbein wieder abgefußt hat. Danach läuft der Vierbeiner je nach Sortierung der Beine im Tölt oder im Trab weiter.


Nächstes Mal wollen wir dann erste Schritte im Tölt wagen, denn dann heißt es "Aller Anfang ist kurz oder wie bring ich´s meinem Isi bei". Im dritten Teil unter dem Titel "Mehr Spaß statt Paß oder was tun, wenn..." beschäftigen wir uns dann mit Lösungsmöglichkeiten zu den oben angeführten Tölt-Varianten und Störungen sowie der Förderung des Tölts.


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