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Gormur frá Gygjarhóli lebt nicht mehr!
[30.09.2002 • Autor: Maike Morbach]


Gormur: Freundlich und sanftmütig.
Mein schlimmster Alptraum, wahrscheinlich auch der jedes Pferdebesitzers, ist für mich am 24.09.02 um 14.30h wahr geworden. Die Tierklinik in Telgte teilte mir mit, dass mein so heiß geliebter Wallach nicht mehr aus seiner OP aufgewacht ist.

Für mich ist seit diesem Tag eine Welt zusammengebrochen und diese neue Situation kann ich weder fassen noch akzeptieren.

Noch am Wochenende, 2 Tage zuvor, sind wir auf dem OSI Basselthof mit voller Energie und Leidenschaft über die Passstrecke gerast, haben noch eine Schleife und einen Pokal mit nach Hause gebracht und auf einmal streichle ich nur noch sein zerzaustes Fell und den kalten Körper, der leblos auf dem Betonboden in diesem Schuppen liegt. Schaue noch einmal in die sonst so warmen und freundlichen großen, schwarzen Knopfaugen, die aber nur trüb ins Leere starren und verscheuche die von ihm so verhassten Fliegen, die sich auf seinem offenen Maul niederlassen.

Wie habe ich dieses Pferd geliebt und liebe es auch noch immer!!

Gormur im Jahr 1996.
Unser erstes Treffen im März 1996 war schon etwas besonderes. Da stand mein damals noch dunkel geapfelter Schimmel mit Decke und Bronchitis auf dem Hof. Da war auf einmal dieses Bauchkribbeln, das ich auch noch bei unserem letzten Passsprint verspürte, die weichen Knie und zittrigen Hände, dies ist mein Pferd!

Natürlich gab es Schwierigkeiten: die Angst vom Exportieren, Flüchten in allen Situationen, dann starker Wurmbefall, keinen Tölt, keinen Trab, keinen Galopp, keinen Rennpass, dann nur noch Pass in allen Ganngarten, Sommerekzem etc.

Doch immer mehr verschwand das verängstigte Importpferd und ein wunderschöner, sanftmütiger, lieber und lernwilliger Gáski 920-Sohn kam zum Vorschein. Langsam wagten wir uns an die klassisch-iberische Dressur und durften sogar im Mai diesen Jahres als Schülerin und Gangpferd für Bent Branderup in Warendorf reiten. Auch unser Gangtraining verbesserte sich stetig, der Pass verschwand, der Rennpass blühte richtig auf. Pferd und Reiter entdecken einen neue Leidenschaft, den Rennpass.

Es folgte ein Meistertitel 2000 auf der DJIM, etliche Vizemeister, Siege und Platzierungen auf diversen Turnieren, eine Einladung zur ersten Bundes Jugend Kader-Sichtung, wir waren unter den Nominierten zum Nachwuchsreiter des Jahres und im Sommer dieses Jahres wurden wir in den Rennpasskader berufen.

Gormur und Maike als harmonisches und erfolgreiches Paar auf vielen Turnieren.

Doch die schönsten Zeiten erlebten wir draußen, im Gelände, bei schnellen Ritten im Tölt und Pass, als Handpferd, bei ruhigen Spaziergängen, bei denen ich meinem besten Freund mein Herz ausschüttete, mich in seiner silbergrauen Mähne und dem dicken weißen Winterfell vergrub, manchmal weinte, manchmal  einfach nur seinen Geruch aufnahm. Und immer schauten die großen schwarzen Augen so ruhig und lieb, als könnten sie jeden Gedanken, jedes Wort, jeden Herzschlag, jede Träne genau verstehen.
Jeden Tag wurde ich mit einem freundlichen Blick aus seinem Stall heraus begrüßt und verabschiedet, heute ist dort nur kalte Leere.

Ich wusste sofort, dass etwas nicht stimmte, auch auf der Fahrt zur Klinik, nur 3 Minuten lang. Da war es wieder, dieses Bauchgefühl, nur diesmal sagte es mir, dass es eine Fahrt ohne Zurück sein würde. Insgeheim hofft man ja doch, alle machen einem Mut, nur dieses Gefühl, es lässt mich nicht los. Die letzten 2 Spaziergänge, um den Schmerz zu lindern, waren beklemmend, dieses Gefühl, dieses Gefühl!

Das Leckerlie wurde nur mir zuliebe ganz vorsichtig gefressen, die Schmerzen waren zu groß. Der letzte Blick auf mein Pferd, kurz vor unserem Verlassen der Intensivstation, da war er noch einmal, der sanfte Blick aus den großen, schwarzen Knopfaugen und die gespitzten Ohren. Dieses Gefühl! Heute weiß ich, dass sich mein Freund auf seine nur mir bekannte Weise verabschiedete, ganz still und leise aus großen schwarzen Knopfaugen.

Die Vergiftung war zu weit fortgeschritten, selbst ein starker Körper schläft dann irgendwann ein, für immer. Für meinen Gormur war es das Beste. Es gab keine Chancen auf Heilung. Ihm geht es jetzt besser, nun habe ich den Schmerz, aber geteiltes Leid ist halbes Leid, so sagt man. Teilt man mit seinem besten Freund nicht alles?
Ich durfte mit meinem Gormur 6 ½ Jahre und 19 Tage mein Leben teilen und bin sehr dankbar dafür!

Unterwegs mit dem besten Freund.
Was mir bleibt? Eine Strähne aus seiner Mähne, die er mir geschenkt hat, 4 Hufeisen, mit denen er mich über jeden Weg getragen hat, sein Halfter mit dem Aufkleber der Klinik „Kolik“.
Was mir bleibt ist im Moment ein großes Loch in meinem Herzen und meiner Seele, viel Trauer und Schmerz, aber viel mehr wunderschöne Erinnerungen mit meinem Gormur. Für mich und ich glaube für die meisten Menschen, die ihm mal begegnet sind, bleibt er etwas ganz besonderes und unvergesslich.

Danke Gormur für die wunderschöne Zeit, die ich mit Dir verbringen durfte! Irgendwann sehen wir uns wieder, bis dahin, vergiss mich nicht!

Deine Maike








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