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Weich wie Butter:
Der Tölt


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Tölt kann man sehen,
hören und spüren.
Ein Pferd im Tölt trägt Kopf und Hals in stolzer Aufrichtung
und durch seinen Schweif zieht sich eine wellenförmige Bewegung.
Obwohl die Beine des Pferdes im Tölt wild umherwirbeln, sitzt
der Reiter völlig ruhig und vergnügt auf |
seinem Pferd. Das Geheimnis des „schüttelfreien“ Töltens liegt in
der Reihenfolge und Art und Weise, in der das Pferd mit den Hufen
am Boden auf- und abfußt.
Der Tölt ist wie der Schritt ein Viertakt
und hat auch die gleiche „Fußfolge“. Der Begriff „Fußfolge“ meint
die Reihenfolge, in der die Hufe des Pferdes auffußen. Im Schritt
und Tölt sieht sie so aus: hinten links, vorne links, hinten rechts,
vorne rechts. Schritt und Tölt unterscheiden sich aber in der
„Phasenfolge“, die beschreibt, wie viele und welche Pferdebeine
jeweils auf dem Boden sind. Während im Schritt abwechselnd zwei
und drei Beine die gesamte Last von Pferd und Reiter stützen, wechseln
innerhalb der acht Phasen des Töltes
immer „Einbeinstützen“ und „Zweibeinstützen“ miteinander ab. Zudem
ist der Schritt eine schreitende, der Tölt eine gelaufene Gangart.
Da stets zumindest ein Bein des Pferdes am Boden verbleibt, hat
der Tölt keine Sprungphase wie Trab, Galopp oder Rennpass. Folglich
sitzt der Reiter äußerst bequem auf seinem Tölter und schont seinen
Rücken und das Gesäß.
So viel zur Theorie. In der Praxis ist taktklarer Tölt viel leichter
zu hören als zu sehen: Er muss wie ein gleichmäßiges 1-2-3-4 oder
wie der regelmäßig gesprochene Firmenname „Black-and-Decker“ erklingen.
Ist dies der Fall und sieht der Reiter ziemlich zufrieden aus, rattert
wahrscheinlich gerade ein Tölter an Ihnen vorbei.
Tölt ist dabei keinesfalls eine akrobatische Verrenkung des Pferdes,
sondern vielmehr eine natürliche Gangart wie Schritt oder Galopp,
was uns Islandpferde-Fohlen bereits nach der Geburt im Freilauf
auf der Weide zeigen. Trotzdem ist die Fähigkeit zu tölten bei Islandpferden
recht unterschiedlich ausgeprägt und hängt vorwiegend vom Talent,
Gebäude und Gehwillen sowie einer fachkundigen Ausbildung des Pferdes
ab.
Von gemächlich bis rasant, von Schritt- bis Galoppgeschwindigkeit,
reichen die Tempi im Tölt. Auf Turnieren werden diese Geschwindigkeiten
in Arbeitstempo, Mitteltempo und starkes Tempo eingeteilt und von
Richtern beurteilt. Daneben spielen die Reinheit des Taktes, Höhe
und Weite der Bewegungen und die Harmonie zwischen Reiter und Pferd
eine wichtige Rolle in diesen Prüfungen. Nicht ganz so ernsthaft
geht es in der Prüfung „Bierglastölt“ zu, die beweist, dass ein
Reiter im Tölt problemlos ein Bierglas halten kann, ohne etwas vom
„kühlen Blonden“ zu verschütten.
Zum wahren Genuss wird der Tölt aber erst auf langen Ritten, bei
denen der Reiter entspannt durch Wald und Flur gleitet und sich
an diesem herrlichen Gang erfreuen kann, der auf Island nicht umsonst
die „Gabe Gottes“ genannt wird.



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